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Eine kurze Geschichte des Spinnrades

Aktualisiert: 31. Aug. 2021


Hände die Wolle spinnen
© Greta Webhofer

Im folgenden Artikel werden wir uns mit der Frage beschäftigen, wie sich das Spinnrad im Laufe der Zeit entwickelt hat.


Altsteinzeit (ca. 2.500.000 - 9.000 vor Chr.)

Die Altsteinzeit ist eine der ersten und längsten Phase der Menschheitsgeschichte. Aus dieser Zeit gibt es aber nur wenige pflanzliche und tierische Funde, da diese schon vor langer Zeit im Boden von Bakterien zersetzt wurden. Man kann also nur spekulieren, wann und warum die Menschen zum ersten Mal Textilien hergestellt und verwendet haben. Dennoch fand man auf zwei berühmten tschechischen Fundstellen, Pavlov und Dolnì Vestonice, Tonbruchstücke, auf denen man Abdrücke verschiedener Textilstücke nachweisen konnte. Die Fasern waren von pflanzlichem Ursprung und wurden mit verschiedenen Techniken (Flechten, Knoten, Verzwirnen und sogar mit einer Form des Webens) verarbeitet. Diese Fundstücke sind über 27.000 Jahre alt.

Zudem fand man in Europa erste Nadeln mit Öhr. Vieles, was bis jetzt für Schmuck gehalten wurde konnte sich nun auch mit der Textilherstellung in Verbindung setzen. Runde Scheiben aus Mammutknochen können auch schon erste Zeugnisse einer Spinnwirtel sein.

Das älteste Textile Fundstück ist ein Stück Faden, das in Lascaux, einer französischen Höhle mit prähistorischen Wandmalereinen, gefunden wurde.


Mittlere Steinzeit (ca. 9.000 - 5.500 vor Chr.)

Aus der Mittleren Steinzeit gibt es keine bis wenige Funde. So wurden aus dieser Zeit Fragmente von Fischernetzen und Körben gefunden. Benutzt wurden dafür Baumbaste, Zweige, Wurzeln und Gras.


Jungsteinzeit (ca. 5.500 - 2.200 vor Chr.)

Das Leben der Menschen veränderte sich mit dem Übergang zur Jungsteinzeit sehr - sie wurden zu sesshaften Bauern und Viehhaltern und nahmen sich die Natur zur Hilfe, indem sie begannen, sie für ihre Bedürfnisse zu verwenden.

In einer Höhle in Israel (Nahal Hemar) fand man viele verschiedene Textilreste, die aus unterschiedlich dicken Garnen und Zwirnen hergestellt wurde. Man fand auch Spinnwirteln, aber noch keine vollständige Spindel.


Bronzezeit (ca. 2.200 - 800 vor Chr.)

Die Menschen begannen nun, Metalle zu gewinnen, wodurch Steinwerkzeige langsam in den Hintergrund gerieten. Während sich viel veränderte, vor allem in sozialen und gesellschaftlichen Bereichen, blieb das Spinnen mit der Handspindel gleich. Das Einzige, was sich an der Spindel veränderte war, dass nun auch Metall zur Herstellung verwendet wurde. Auch der Rohstoff veränderte sich. Bis jetzt wurden hauptsächlich pflanzliche Fasern verwendet, nun wurde aber auch Schafwolle beliebt.

Zum ersten Mal gibt es auch Bildliche Zeugnisse des Spinnens. Im Nahen Osten kann man die älteste Zeichnung finden, welche ca. 4.000 vor Chr. entstand (dort begann die Bronzezeit schon früher). Auch Grabmalereien des ägyptischen Pharaonenreichs überliefern Informationen über das Spinnen und das Verarbeiten von Textilien.


Eisenzeit (ca. 800 - 15 vor Chr.)

Nun finden sich auch bildliche Darstellungen des Spinnens mit der Handspindel in Europa. In Ungarn wurde zum Beispiel ein Tongefäß gefunden, auf dem eine Spinnerin, eine Weberin und eine dritte Frau mit einem Rahmen mit gespannten Schnüren dargestellt wird - in archäologischer Literatur wird dieser Rahmen meistens als Musikinstrument gedeutet.


Die römische Kaiserzeit (ca. 15 vor Chr. - 284 nach Chr.)

An der Technik des Spinnens veränderte sich nicht viel. Aber jetzt gibt es auch schriftliche Überlieferungen über die Textilherstellung in Europa. Zeitgenössische Schriftsteller (Cato, Plinius der Ältere, Vitruv) schrieben Texte über das Spinnen und es gibt Inschriften und Darstellungen auf Gräbern und Gebäuden.

[...]Domum servavit, lanam fecit.[...] / [...]Sie hütete das Haus, spann Wolle.[...]

Diese Inschrift ist auf dem Grab einer Frau namens Claudia zu finden.


Die Verschiedenen schriftlichen Zeugnisse zeigen, dass Textilien nicht mehr nur für den Eigenbedarf, sondern auch gezielt für den Verkauf hergestellt wurden. Sie betrieben keine Landwirtschaft mehr, sondern waren komplett vom Verkauf ihrer Handwerksprodukte abhängig. Eine große Spezialisierung innerhalb der Handwerker ist nachweisbar, die sogar größer als bei manch anderen Verarbeitung. Es gabt Weber, Wirker, Filzer, Walker, Wäscher, verschiedene Färber, Schneider und noch ein paar andere Unterteilungen. Der Berufsname der Spinnerin war "quaesillaria" - eine männliche Form von diesem Begriff gibt es nicht.

In Pompeii wurden die meisten Werkstätte für den Textilbereich verwendet. Dort wurden durch Wandinschriften die Namen einiger Spinnerinnen überliefert: Florentina, Heraclea, Maria, Servola, Amarylis um nur einige zu nennen.

Während für das römische Militär Stoffe in großen Mengen und mit besonderen Eigenschaften hergestellt wurden, sponn die Landbevölkerung weiterhin für den eigenen Bedarf.

Schafwolle war die wichtigste Faser für die Textilherstellung im römischen Reich, Baumwolle und Seide waren Luxusgüter. Rein-weiße Wolle wurde am meisten geschätzt und Schafen wurde teilweise, zum Schutz der Wolle, ein sackförmiger Mantel angezogen.


Frühmittelalter (ca. 600 - 1000 nach Chr.)

Germanische Königreiche bildeten sich, wodurch der Einfluss der christlichen Kirche wuchs und der Adel besaß die Grundherrschaft der Wirtschaft.

Spinnwirtel galten als typische Grabbeigaben für Frauen. In Gräbern, in denen die Knochen nicht mehr erhalten sind, kann mit Hilfe von den Grabbeigaben erkannt werden, welches Geschlecht die Person besaß (Frauen eine Spinnwirtel, Männer Waffen).

Die Zeit des Frühmittelalters ist auch die Zeit der Wikinger in Europa. In einer Schiffsbestattung in Oseberg (Norwegen) findet man die größte und vielfältigste Sammlung an Textilien und Textilwerkzeugen, die je in einem einzelnen Grab gefunden wurden. Es wurden Flecht- und Webrahmen, Spinnwirtel mit und ohne Spindelstäben, Handhaspeln, und noch vieles mehr, gefunden.


Hochmittelalter (ca. 1.000 - 1250 nach Chr.)

Im 13. Jh. gab es in Mitteleuropa die ersten Spinnräder, die sogenannten Spindelräder. Es ist nicht ganz sicher, wo und wann das erste Spinnrad erfunden wurde. Eine Möglichkeit ist, dass es aus China stammt, wo es schon Hinweise auf Spinnräder vor über 2000 Jahren gibt. Aber auch in Indien wurde schon früh mit dem noch heute gebräuchlichem Spindelrad (Charka) gesponnen. Die Europäischen Spinnräder unterschieden sich optisch von den asiatischen. Während die asiatischen Spinnräder am Boden sitzend betrieben wurden, hatten die europäischen lange Beine und wurden im Stehen betrieben.

Spinnräder werden im 13. Jh. sogar in verschiedenen Schriften erwähnt. Manche Städte (z.B. Venedig, Bologna, Paris) verboten Spindelräder, weil die Qualität des Garns deutlich schlechter war, als die des Garns, das mit der Handspindel erzeugt wurde. Ein weiteres Problem war, dass weniger Menschen für das Spinnen benötigt wurde, welches die Einführung des Spinnrades deutlich einbremste.

Dennoch wurde das einfache Spindelrad weiterentwickelt. Durch die Erfindung des Spinnflügels musste das gesponnene Garn nicht extra aufgewickelt werden, sondern wickelte sich nun auf einer Spule von selber auf.


Neuzeit (ca. 1450 - Jetzt)

Der Textilsektor veränderte sich. Je nachdem, welche landwirtschaftlichen Voraussetzungen gab, wurden manche Gebiete zu Leinen- oder Wollverarbeitungszentren. im 14. Jh. begann auch die Baumwollverarbeitung beliebt zu werden. In den Städten wurden die Weber von den Händlern abhängig, da sie ihr Rohmaterial bezogen, aber auch ihre Fertigprodukte verkauften. Das Verlagswesen bildete sich - die Verleger verteilten auch in ländlichen Regionen die Rohstoffe und holten das Fertigprodukt wieder ab.

Obwohl bis zu 80% der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiteten, war der Textilsektor die zweitwichtigste Erwerbsquelle.

Im 16. Jh. wurde der Fußantrieb für das Spinnrad erfunden. Das Spinnen wurde einfacher, da man im sitzen und mit beiden Händen arbeiten konnte.

Durch die industrielle Revolution wurden die alten Produktionsmethoden verdrängt. Durch Maschinen wurden weniger Arbeitskräfte benötigt, was wiederum bedeutete, dass die Armut sehr stieg.

Durch die Baumwollverarbeitung entstand der erste richtige Industriezweig, nämlich die Textilindustrie. Durch das Fabriksystem gab es eine Arbeiterklasse, die durch Hungerlöhne, überlange Arbeitszeiten und Kinderarbeit ausgebeutet wurde.

Gegen Ende des 18. Jh. wurde die häusliche Handspinnerei durch die maschinelle Garnproduktion abgelöst. Das Spinnen blieb aber bei wohlhabenden Damen bei einer angesehenen Freizeitbeschäftigung.


Quellen:

Buch: Spinnst Du? Na klar! Ulrike Claßen-Büttner (Ausgabe 2009)

http://home.schule.at/cometo/latein-griechisch/fontes/fba_lackner_roem_frauen_.pdf (30.08.2021)

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